Inklusion in Köln

Aktuelles aus Köln zum Thema Inklusion.

Köln kann inklusive Bildung! Veranstaltung mit Diskussion

5. Juni 2024 / COMEDIA Theater Köln


„Inklusion ist kein Problem sondern eine große Chance!“ fasste Bärbel Hölzing, schulpolitische Sprecherin der Grünen, ihr Fazit zur Veranstaltung „Köln kann inklusive Bildung!“ zusammen. Insgesamt zeigte sich die Politik beeindruckt vom Erfahrungsschatz und den Erfolgen inklusiver Bildung in Köln.

Überzeugt hat sie Britta Klostermanns Vorstellung der Gesamtschule Holweide, die schon seit über 30 Jahren inklusiv arbeitet, und das anschließende Gespräch mit Birthe Schwarz von der Gesamtschule Rodenkirchen und Sandra Stubbra-Schlütken von der Willy-Brandt-Gesamtschule in Höhenhaus (Instagram: Inklusion_fuer_anfaenger). Moderiert hat Helmut Frangenberg.

Inklusion aus Lehrer*innen-Sicht:

Alle drei Lehrer*innen waren sich einig, dass die Haltung des Kollegiums wichtigster Faktor für gelingende Inklusion ist. Daran muss kontinuierlich gearbeitet werden. Ohne Teamarbeit geht es nicht. Die gegenseitige Unterstützung und die unterschiedlichen Sichtweisen helfen enorm, in schwierigen Fällen Lösungen zu finden. 

Patentrezepte gibt es nicht. Für jede* Schüler*in und jede Klassengemeinschaft müssen individuelle Lösungen gefunden werden. Das gilt nicht nur für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Schulzeit ist krisenanfällig. Viele Schüler*innen brauchen phasenweise besondere Unterstützung. Daher profitieren alle vom bedürfnisorientierten Ansatz inklusiver Beschulung. 

Um wirklich gut arbeiten zu können, wünschen sich die Lehrer*innen mehr Ressourcen – und zwar für alle Schüler*innen. Intakte Schulgebäude, ausreichend Personal, kleinere Klassen und mehr Zeit für Austausch sind für die ganze Schulgemeinschaft dringend notwendig und würde viele Probleme lösen. Viel Zeit könnte man sparen, wenn es erprobte Konzepte als Vorlage gäbe und nicht jede Schule alles neu erfinden müsste, wenn sie sich auf den inklusiven Weg macht. Außerdem zeigte der Abend, wie wertvoll Austausch und Vernetzung unter den Schulen ist. Auch dafür braucht man Zeit.

Das sagen Schüler*innen:

Zwei Schüler*innen erzählten, was Inklusion mit Ihnen gemacht hat. Die blinde Sara schätzt sehr, dass ihre Behinderung inzwischen völlig in den Hintergrund getreten ist und ihre Mitschüler*innen nur noch sie als Person mit all ihren Eigenschaften sehen.

Simon ist mit dem Förderbedarf Lernen an die Schule gekommen. Die Leistungen der anderen Schüler*innen haben ihn angespornt, erzählt er. Aktuell hat er gute Chancen, die Fachoberschulreife zu schaffen. Damit hatte in der 5. Klasse niemand gerechnet. Er ist kein Einzelfall. Immer wieder überraschen Schüler*innen mit unerwarteten Leistungen und können dank des durchlässigen Systems von Gesamtschulen höhere Abschlüsse erreichen als gedacht.

Und was sagen Eltern?

Anna Lingscheid, Mutter eines schwer mehrfach behinderten Schülers, erzählte, dass sie sich anfangs überhaupt nicht vorstellen konnte, ihren Sohn einer inklusiven Schule anzuvertrauen. Die Schule hat sie damals ermutigt, den inklusiven Weg zu gehen und sie haben die Entscheidung nie bereut. „Dank Inklusion wurde unser schwer behinderter Sohn sichtbar. Das hat uns als Familie emotional gerettet.“

Mehr Infos zum inklusiven Weg der Familie Lingscheid.
 

Wo ist der positive Spirit geblieben?

Eva-Maria Thoms vom mittendrin e.V. erinnerte an die Stimmung für Inklusion in Köln vor 15 Jahren: Viele Menschen in Politik und Verwaltung wollten Inklusion wirklich und haben Dinge möglich gemacht. Eltern wurden ermutigt, den inklusiven Weg zu gehen. Das gibt es heute kaum noch. Trotz vieler guter Beispiele überwiegen heutzutage Skepsis und Bedenken. Wir brauchen den positiven Spirit von 2009 wieder, sagt Thoms. Wir müssen Werbung für inklusive Bildung machen, damit es weitergeht. Das ist eigentlich Aufgabe von Politik und Verwaltung…

Was will die Politik tun? 

Die Abschlussrunde der Politik fasst der Kölner Stadt-Anzeiger wie folgt zusammen:

„Politikerinnen und Politiker der großen Parteien des Rates haben zum Abschluss der Veranstaltung die Chance, ihre Sichtweise zu Inklusion zu erläutern. CDU und FDP sprechen sich für ein zweigleisiges System aus, also sowohl Inklusion als auch Förderschulen. Katja Hoyer (FPD) betont, dass vor allem die transparente, nicht wertende Weitergabe von Informationen über beide Schulformen verbessert werden müsse, damit die Eltern eigenständig die Entscheidung treffen könnten, in welcher Form ihr Kind eingeschult werden soll. SPD, Grüne, Volt und Linke positionieren sich klar für inklusive Bildung. „Ich nehme aus dem heutigen Abend mit, dass Inklusion kein Problem, sondern eine Chance ist. Inklusion kann gelingen", sagt Bärbel Hölzing-Clasen (Grüne). Oliver Seeck (SPD) möchte die Voraussetzungen an den Schulen für inklusives Lernen verbessern und „weg vom klassischen Frontalunterricht".

Einig sind sich alle Parteien darin, dass es eine Änderung in der Fahrtkostenregelung geben soll. Hierfür soll bald ein Förderungsprogramm zur kostenlosen Beförderung von behinderten Kindern beschlossen werden.“

 Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger

 

Inklusion öffnet Horizonte.

Das Schlusswort hatte Mirjam Tomse, Behindertenbeauftrage der Stadt Köln. „Ohne Inklusion würde ich heute nicht auf diesem Podium sitzen“ sagte sie. Hätte sie aufgrund ihrer Gehbehinderung eine Förderschule besucht, hätte sie sehr wahrscheinlich auch nur einen Förderschulabschluss gemacht. Ihr Opa baute die Grundschule um, damit sie dort zurechtkam.

„Inklusion öffnet Horizonte“ fasste sie ihr Fazit der Veranstaltung zusammen. Die beiden Schüler*innen haben erzählt, dass ihnen durch Inklusion Horizonte aufgemacht wurden, die zunächst gar nicht da waren. „Inklusion braucht Begegnung, Kommunikation und Vernetzung. Wir brauchen viel mehr positive Geschichten, um Inklusion nach vorne zu bringen. Daran können wir alle zusammen arbeiten, dafür braucht es nicht einmal viel Geld.“

Weiterführende Infos

Bericht über die Gesamtschule Holweide bei ZDF Frontal
Am 30. Mai 2023 hat ZDF Frontal einen Bericht über Inklusion gesendet. Ab Minute 38:09 wird über die Gesamtschule in Holweide und ihr Konzept berichtet. Es lohnt sich, den ganzen Beitrag ab Minute 31:48 anzuschauen.

Bericht Frontal


Kurze Filme über den inklusiven Alltag in der Gesamtschule Holweide
Unter der Überschrift „Unterrichtsalltag im Gemeinsamen Lernen" gibt es einige kurze Filme,  die den Unterrichtsalltag im Gemeinsamen Lernen aus der Perspektive von Schüler*innen und Lehrer*innen anschaulich darstellen – auch mit dem schwer behinderten David.

FiImbeiträge GS Holweide


Internetseite der Gesamtschule Rodenkirchen

Zur Website


Internetseite der Willy-Brandt-Gesamtschule Höhenberg

Zur Website

Und nun? 

Die Veranstaltung hat gezeigt, wie gut Inklusion an einigen Stellen in Köln schon lange gelingt und dass Gemeinsames Lernen ein Gewinn für alle bedeutet.

Es gibt gute Konzepte, die endlich mit politischem Willen planvoll in die Fläche gebracht werden müssen. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass das endlich passiert – mit Aufklärung, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit. Alleine schaffen wir das nicht…

Wir brauchen Eure Unterstützung! Habt Ihr Lust mitzumachen? Dann meldet Euch gerne!

Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention:

Die Vertragsstaaten gewährleisten „ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen.“

Jedes Kind hat das Recht auf inklusive Bildung, am Ort wo es wohnt, gemeinsam mit den anderen Kindern.